Wie geht Cottbus mit dem steigenden Wohnraumbedarf um?

Herausforderungen zwischen Strukturwandel, internationalem Studium und fehlender Abstimmung

Einleitung

Die Stadt Cottbus steht vor einem historischen Wandel: Neue Hochschulprojekte, der Ausbau der BTU, internationale Studienangebote und große Infrastrukturvorhaben wie das ICE-Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn machen die Region zunehmend attraktiv. Doch mit dieser Entwicklung wächst auch der Druck auf den Wohnungsmarkt – insbesondere für Studierende.

Wie können sich Universität, Stadt und Studierendenwerk besser auf den steigenden Wohnraumbedarf vorbereiten, der durch neue Studiengänge, internationale Studierende und den Strukturwandel entsteht?

Hauptteil

Reza Kaseb, sachkundiger Einwohner der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/SUB und ehrenamtlich in der Betreuung internationaler Studierender tätig, sieht die zunehmende Problematik der Wohnungssuche in Cottbus äußerst kritisch und gibt einen Einblick in die aktuelle Lage – dabei zeigt er auf, wo dringend Handlungsbedarf besteht. Er berichtet aus seiner täglichen Arbeit, dass immer mehr Studierende Schwierigkeiten haben, einen Platz in einem der Studentenwohnheime zu finden. Besonders beunruhigend sei aus seiner Sicht die Perspektive, dass sich die Situation weiter verschärfen könnte – insbesondere dann, wenn im Zuge des Strukturwandels zusätzliche Fachkräfte nach Cottbus ziehen und dadurch der Druck auf den Wohnungsmarkt sowie die Mietpreise weiter steigen.

Ein Beispiel für diese Entwicklung ist nach Einschätzung von Reza Kaseb die geplante Medizinische Universität Lausitz, an der ab dem Wintersemester 2026/27 voraussichtlich die ersten 200 Studierenden pro Semester ihr Studium aufnehmen werden. Dafür wird das kommunale Carl-Thiem-Klinikum in die Trägerschaft des Landes Brandenburg überführt, das vorhandene Personal soll übernommen werden. Laut Ministerpräsident Dietmar Woidke sollen im Zuge der Universitätsgründung rund 1.300 neue Arbeitsplätze entstehen.

Auch die Deutsche Bahn trägt mit ihrem Großprojekt zur Dynamik auf dem Wohnungsmarkt bei: Seit 2022 entsteht in Cottbus ein neues ICE-Instandhaltungswerk, das bis 2026 in mehreren Bauabschnitten fertiggestellt werden soll. Insgesamt entstehen dort rund 1.200 neue Arbeitsplätze. Bereits jetzt arbeiten zahlreiche Fachkräfte und Auszubildende vor Ort. Kaseb betont, dass dieser Zuzug dringend in stadtplanerische und soziale Überlegungen einbezogen werden müsse.

„Parallel zu diesen Entwicklungen hat auch die Brandenburgische Technische Universität Cottbus–Senftenberg (BTU) ihr internationales Studienangebot erheblich erweitert,“ erklärt Kaseb. Bereits vor 2023 gehörten Programme wie Environmental and Resource Management (M.Sc.), World Heritage Studies (M.A.) und Power Engineering (M.Sc.) zum festen Bestandteil des englischsprachigen Portfolios. In den Jahren 2023 und 2024 seien mehrere neue Studiengänge hinzugekommen. So wurde Artificial Intelligence (M.Sc.) im Jahr 2023 eingeführt; zum Wintersemester 2024/25 folgen vier weitere Programme: Hybrid Electric Propulsion Technology, Micro- and Nanoelectronics, Transformation Studies sowie Urban Design and Sustainable Revitalization. Insgesamt bietet die BTU derzeit 14 englischsprachige Studiengänge an.

Laut Kaseb zeigen erste Beobachtungen, dass sich aktuell insgesamt etwa 160 bis 260 Studierende in diesen fünf neueren Programmen befinden. Der Studiengang Artificial Intelligence (M.Sc.) sei mit geschätzt 80 bis 120 Studierenden besonders stark nachgefragt und werde sowohl im Sommer- als auch im Wintersemester angeboten.

Besonders kritisch bewertet Kaseb in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass das Studierendenwerk Frankfurt (Oder) bereits im Sommer 2024 angekündigt hatte, für das Wintersemester 2024/25 gar nicht in der Lage zu sein, Wohnraum für neu ankommende Studierende bereitzustellen. Vor diesem Hintergrund stellt sich für ihn die berechtigte Frage, ob es im Vorfeld eine Abstimmung oder zumindest einen Austausch zwischen der BTU und dem Studierendenwerk gegeben habe – insbesondere mit Blick auf die gezielte Erweiterung des internationalen Studienangebots.

Als Reaktion darauf initiierte Kaseb eine umfassende Unterstützungsstruktur für internationale Studierende:

  • Wöchentliche Beratungsangebote in Quasimono und an der BTU,
  • Aufbau der WhatsApp-Gruppe “Accommodation for New Students in Cottbus”, die mittlerweile über 900 Mitglieder zählt und zur wichtigsten Plattform für Wohnungssuche und -vermittlung geworden ist,
  • Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern auf kommunaler und Landesebene – unter anderem mit dem Oberbürgermeister von Cottbus, Vertreter*innen von SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen sowie mit den Abgeordneten Maja Wallstein (SPD) und Lars Katzmarek (SPD).
    Diese Gespräche wurden gemeinsam mit Robert Amat Kreft, Politiker der Partei SUB Cottbus, geführt.
  • sowie aktive Vermittlung zwischen internationalen Studierenden und privaten Vermieter*innen, inklusive Übersetzung, Begleitung und Nachbetreuung.

Ein weiteres Beispiel: Um auf Alternativen hinzuweisen, begleitete Kaseb gemeinsam mit Unterstützer*innen mehrfach internationale Studierende nach Forst, um ihnen Wohnungen der Forster Wohnungsbaugesellschaft GmbH zu zeigen. Trotz bezahlbarer Angebote und leerstehender Wohnungen war Forst für die Mehrheit der Studierenden nicht interessant – so resümiert Kaseb.

Gründe seien unter anderem die Entfernung zur BTU sowie zur Hauptstadt Berlin, da viele internationale Studierende dort eine Nebentätigkeit suchen. „In Berlin gibt es nicht nur deutlich mehr Stellen, sondern auch die Möglichkeit, Jobs auf Englisch zu finden – das ist für viele entscheidend, weil die deutsche Sprache eine große Hürde darstellt“, erklärt Kaseb. In diesem Zusammenhang erwies sich Lübbenau als deutlich interessanter als Forst: Die Stadt liegt näher an Berlin und stellte für viele einen praktikableren Kompromiss zwischen Wohnen, Studium und Arbeit dar. Insgesamt haben nur drei oder vier Studierende tatsächlich eine Wohnung in Forst gemietet.

Die Lausitzer Rundschau hat die Thematik mehrfach aufgegriffen. Insgesamt erschienen fünf Artikel zur Wohnsituation von Studierenden in Cottbus, in vier davon wurde Reza Kaseb interviewt – ein fünftes Interview ist bereits in Planung. Dieses soll sich mit Fällen von Studierenden befassen, die ein ganzes Semester verloren haben, weil sie keine Unterkunft finden konnten.

Am 13. März 2025 führte Kaseb eine Umfrage in seiner WhatsApp-Gruppe „Accommodation for New Students in Cottbus“ durch. 40 Studierende gaben dabei an, dass sie aufgrund von Wohnungsmangel ein Semester nicht antreten konnten.

Ausgewählte Artikel:

Fazit & Lösungsvorschlag

Zwar liegt die rechtliche Zuständigkeit für studentischen Wohnraum beim Studierendenwerk und nicht bei der BTU. Doch angesichts des absehbaren Andrangs hätte nach Ansicht von Kaseb eine frühzeitige, gemeinsame strategische Vorbereitung auf die steigende Nachfrage stattfinden müssen – gerade auch im Hinblick auf die internationale Ausrichtung der BTU und die damit verbundene Verantwortung gegenüber den neu ankommenden Studierenden.

Reza Kaseb fordert daher:

  • Regelmäßige Abstimmung zwischen BTU, Stadt, Studierendenwerk und Land,
  • Aufbau eines digitalen Wohnraumportals für internationale Studierende,
  • Temporäre Wohnlösungen wie Containerwohnheime oder Zwischennutzungen städtischer Immobilien,
  • Wohnraumbörsen mit privaten Vermieter*innen, unterstützt durch Übersetzung und Vermittlung,
  • Gezielte Kampagnen zur Attraktivitätssteigerung von Orten wie Forst – in Verbindung mit Mobilitätslösungen und sozialer Infrastruktur.

Nur durch ein gemeinsames, langfristig getragenes Handeln lässt sich verhindern, dass internationale Studierende in Cottbus aufgeben müssen, bevor sie überhaupt richtig anfangen konnten.

Weitere Beiträge

Antwort zur Wohngeld-Plus Anfrage

Antwort zur Wohngeld-Plus Anfrage

Anfrage AN 26/25 zur Stadtverordnetenversammlung am 26.03.2025 Umsetzung des Wohngeld-Plus-Gesetzes und Verwaltungskapazitäten Sehr geehrter Herr Schömberg, bezüglich Ihrer Fragen zur Umsetzung des...

mehr lesen

Wir sind für dich da

Smy za Was how

We are here for you

Ми тут для вас

Wir laden dich ein, dich aktiv an dem Gestaltungsprozess zu beteiligen und Ideen für die weitere Entwicklung unserer Stadt einzubringen. Sprich uns gerne an, wenn du Fragen hast oder dich einbringen möchtest. Wir freuen uns auf deine Teilnahme und darauf, gemeinsam eine positive Zukunft für unsere Stadt zu gestalten.

Pśepšosujomy Was, se aktiwnje na toś tom wugótowańskem procesu wobźěliś a mysli za dalšne wuwiśe našogo města zapśěgnuś. Wobrośćo se na nas, gaž pšašanja maśo abo cośo zapśimjeś. Wjaselimy se na Wašo wobźělenje a na to, zgromadnje pozitiwny pśichod za našo město wugótowaś.

We invite you to actively participate in this design process and contribute ideas for the further development of our city. Contact us if you have any questions or would like to get involved. We look forward to your participation and to shaping a positive future for our city together.

Ми запрошуємо вас взяти активну участь у цьому процесі проектування та внести свої ідеї щодо подальшого розвитку нашого міста. Зв'яжіться з нами, якщо у вас виникли запитання або ви бажаєте долучитися. Ми з нетерпінням чекаємо на вашу участь і будемо разом формувати позитивне майбутнє нашого міста.